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Tour de Wingert – Projekt Sonnenweg

  • Melissa Bender / Weingut Bender, Geinsheim
  • 26. Juni 2016
  • 4 Min. Lesezeit

Ja, mein Mann Stefan und ich wollen die Terrassen am Sonnenweg wieder mit Reben bepflanzen – sie wiederbeleben. In der Lage „Neustadter Mönchgarten“ am vorderen Berg haben wir 2 Flächen mit insgesamt 0,34 ha von der Familie Müller gepachtet. Diese sind derzeit mit allerhand Gestrüpp, Brombeerhecken und kleineren Bäumen überwachsen. Bis zur ersten Flasche Wein sind wie bei der „Tour de France“ mehrere Etappen zu bewältigen und Etappenziele zu erreichen um dann hoffentlich am Schluss den Gesamtsieg zu erlangen.

Foto: Melissa Bender

1. Etappe: I wanna dance with somebody!

Die Auftaktveranstaltung zu unserem Projekt. Unsere Hochzeit im Mai 2015 stand kurz bevor. Höchste Zeit für Tanzstunden. Meine Schwiegermutter unterstütze mich in dem Vorhaben und schenkte Stefan einen Tanzkurs zu Weihnachten. Im Januar ging es dann los. Zusammen mit anderen Paaren schwebten wir übers Parkett. Darunter auch der Sohn unseres jetzigen Verpächters. 5 Tänze und 2 Gläser Sekt später kam das Thema Weinbau zur Sprache. Fasziniert von seinen Erzählungen vom Weinbau am Sonnenweg, reifte erst in mir, dann in Stefan der Entschluss das Projekt zu wagen. Gerhard Müller und seine Familie haben in den 20iger Jahren dort oben das Gelände urbar gemacht und Weinbau betrieben. Die gesamte Fläche betrug damals 1 ha. Aus wirtschaftlichen und gesundheitlichen Gründen mussten sie dann 2003 den Steillagenweinbau endgültig aufgeben.

Aus einer spontanen Idee wurde schließlich Ernst. Nach der ersten Besichtigung der Flächen war uns klar: viel Arbeit und ein steiler Aufstieg nach oben. Brombeerhecken soweit das Auge reicht. Ausgesetzt in der Wildnis. Aber wenn da wieder Reben stehen würden….

2. Etappe: Vive la famille

Es ging direkt mit einer schweren Etappe los – zumindest wenn man die Witterungsverhältnisse betrachtet. Die Strecke ist eigentlich unkompliziert. „Wir möchten den Steillagenweinbau am Sonnenweg wiederbeleben.“ Ein Satz, der zu vielen Turbulenzen geführt hat. Massiver Gegenwind kam auf „Ihr spinnt doch!“ – „Verrückt!“ – „Von was träumt ihr nachts?“. Man kommt fast nicht voran, fast so als würde man mit geschlossenen Bremsen versuchen zu fahren. Mit etwas Verspätung, aber immerhin erreichten wir unser Ziel: die Familie hilft mit am Steillhang.

3. Etappe: Liberté – Égalité – Bürokratie

Nachdem wir die Familie mit an Bord hatten, mussten wir diverse Behörden auf unsere Seite ziehen: die obere und die untere Naturschutzbehörde, die Stadt Neustadt, die Landwirtschaftskammer, die Kreisverwaltung,… Serpentinen voraus! Bergauf und bergab glücklicherweise bei tollem Wetter und sogar leichtem Rückenwind. Jeder freute sich darüber, dass wir dieses Projekt wagen. Wir erstellten eine Art Businessplan – sozusagen eine Landkarte mit der geplanten Route – und mussten dabei schon verschiedene Eckpunkte festlegen: welche Reben werden gepflanzt, die notwendigen Bewirtschaftungsmaßnahmen (Bewässerung, Drahtrahmen/Reberziehung, Wildschutzzaun, Vogelnetze,…), geplanter Pflanzenschutz und vor allem musste ein Zeitplan erstellt werden. Klar, bei der Tour de France benötigt man zur Teilnahme ja auch ein Fahrrad und sollte vorher ordentlich trainiert haben! ;)

Foto: Stadtarchiv, Rheinpfalz (links) / die roten Flächen sind von Frau Müller gepachtet, die orangene von Herrn Oehlschlägel

4. Etappe: Pressearbeit

Der erste kleine Teilsieg kann gefeiert werden: dem Projekt „Steilhang am Sonnenweg“ steht – außer einem bisschen Gestrüpp – nichts mehr im Weg. Da der Weg von vielen Touristen und Ortsansässigen zum Spaziergang genutzt wird und die Fläche von ganz Neustadt sichtbar ist, mussten alle informiert werden, dass es dort oben nun gearbeitet wird.

Die „kleine“ Pressemitteilung ging dann schließlich an den gesamten Verteiler der Stadt Neustadt und mein Telefon stand nicht mehr still.

Sensation Terrassenweinbau in der Pfalz Weingut Bender startet mit Rodungsarbeiten am Sonnenweg PiWi’s – ganz im Sinne des Naturschutzes

SWR (Radio + Fernsehen), Antenne Pfalz, Die Rheinpfalz, der Stadtanzeiger, der Mannheimer Morgen, die Rhein-Neckar-Zeitung,… ja sogar in Pirmasens und Kaiserslautern interessierte man sich für unser kleines Projekt. Wir waren überwältigt von der Resonanz. Es war fast so, als hätten wir den Gesamtsieg schon in der Tasche. Dabei liegt die erste Flasche Wein noch in weiter Ferne!

5. Etappe: Rodung

Ein harter Weg lag vor uns – eine Strecke bestehend aus diversen Höhenmetern, vielen Hecken und gefährlichen Stacheln. 20 HelferInnen, 3 Freischneider, 3 Kettensägen, 5 Mistgabeln, 4 Rebscheren, 2 Hacken und diverse Schutzbrillen und Handschuhe waren jeden Samstag im Einsatz. Erster Einsatz war am 23.01.2016 und von da ab bis zum 27.02.2016 jeden Samstag (in unterschiedlicher Besetzung).

Der erste Samstag glich einem Kampf „David gegen Golliath“. Glücklicherweise kamen wir schneller voran als gedacht und so konnten wir pro Samstag 3-4 Terrassen freischneiden.

Pünktlich am 29.02. – der 01. März war die Deadline für die Rodung – fielen die letzten Bäume der Kettensäge zum Opfer. Die Bilanz: 34 gefällte Bäume, Brombeerhecken auf 3500 m2 Fläche abgeschnitten, 3 stumpfe Kettensägen und 2 Freischneidermesser, etwa 200 m eingestürzte Trockenmauer, 2 Autoanhänger voll mit altem Weinbergsdraht und unzählige Schrammen.

6. Etappe: Grünschnitt verbrennen

Die erste Euphorie über die geglückte Rodung wurde schnell von dem Entsetzen über die Menge an Grünschnitt verdrängt. Ursprünglich wollten wir diesen abtransportieren. HAHA! Guter Witz!

Eine Planänderung musste her und so meldete ich mich erneut bei der unteren Naturschutzbehörde. Mein Anliegen war dort oben ein kleines Feuer zu machen, um so den abgetrockneten Grünschnitt zu verbrennen. Klingt einfach – war es allerdings nicht, da beim Verbrennen mindestens 100 m Abstand zum angrenzenden Wald eingehalten werden müssen. Unser sorgfältig ausgearbeiteter Zeitplan geriet zum ersten Mal ins Wanken.

10 Telefonate und 2 Wochen später klingelte das Handy meines Mannes, seines Zeichens Feuerwehrmann. „Hallo Stefan, hier ist die Feuerwehr Neustadt. Wir haben gehört, ihr wollt am Samstag am Sonnenweg den Grünschnitt verbrennen. Wir machen Brandsicherheitswache.“ Gesagt getan! Das kleinste Feuerwehrauto musste für den Einsatz herhalten, da der Sonnenweg sehr schmal ist. 2 Feuerwehrmänner verlegten auf allen Terrassen Schläuche und waren somit für den Ernstfall – der glücklicherweise nicht eintraf – gewappnet.

Mittlerweile haben wir Mitte April und hoffen, dass uns nächste Woche Samstag (23.04.2016) das Wetter nicht schon wieder einen Strich durch die Rechnung macht und wir auf den letzten beiden Terrassen verbrennen können. Dann ist auch dieser Schritt geschafft.

Foto: Der Nachbar-Wingert. So soll das ganze bei uns auch aussehen.

Fortsetzung folgt…

 

Weingut Bender Storchengasse 4 67435 Neustadt/Weinstraße

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